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25.3.1996

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Neue Mobilität in Winterthur

"Car Sharing" bedeutet so viel wie "ein Auto teilen". Unter diesem Motto schiessen seit Jahren Firmen und Genossenschaften aus dem Boden, die alle ein gemeinsames Ziel verfolgen: trotz des in unserer Gesellschaft verwurzelten Mobilitätswahnes soll die Natur dabei so wenig Schaden nehmen wie nur irgend möglich. Anstatt das einE EinzelneR ein Auto besitzt und das statistisch gesehen meistens eh in der Garage steht, sollen viele Interessierte die Möglichkeit haben, sich ein oder mehrere Autos zu teilen. Eben: Car sharing. Die Genossenschaft ShareCom hatte es vorexerziert, die neue Firma CSC (Car Sharing Company) will es ihr nachmachen, ja es sogar besser machen, denn hinter ihr stehen neben der ShareCom und dem Mietwagenunternehmen AVIS auch die Winterthurer Verkehrsbetriebe - zumindest, was den Winterthurer Stützpunkt der CSC betrifft. Und diese hat sich mit grossem Trara der Oeffentlichkeit vorgestellt.

Die CSC sieht sich als "automobile Ergänzung zum öffentlichen Verkehr". Im April soll es losgehen, wenn alles gut geht. Schon heute stehen die ersten der sechs Winterthurer Autos bereit, aber das Reservationssystem und die Standplätze sind nicht nicht voll ausgebaut. CSC ist eine AG, an der die alte Genossenschaft ShareCom als Initiantin und Hauptaktionärin beteiligt ist, aber sich nicht in die Firmenpolitik mischt. Sie bietet nun den "Leihwagen" als benutzerorientierte und kostengünstige Dienstleistung an: bequem, zeitsparend, problemlos und benutzerfreundlich. Ein Hauptträger des CSC-Erfolges soll das neue, voll computergestützte und zumindest auf dem Papier revolutionäre Reservationssystem sein. Das Prinzip heisst: Anruf genügt (auch per Modem möglich). Im Gegensatz zu den genossenschaftlich betriebenen "Autoteileten" soll die CSC als AG eine reine Dienstleistung anbieten, ohne dass mensch Mitglied und Miteigentümer sein muss, um davon zu profitieren. Selbstverständlich, so meinte CSC-Chef Lorenzo Martinioni, könnten Interessierte auch Aktien der CSC erwerben.

Kooperation statt Konkurrenz. Unter diesem Motto möchten die CSC-MacherInnen eng mit den Winterthurer Verkehrsbetrieben und der Firma AVIS zusammenarbeiten. Das Ziel ist eine neue, fast bahnbrechende Form von Mobilität, die energie-, rohstoff- und umweltschonend sein und bei der die bisher klare Linie zwischen öffentlichem und privatem Verkehr verwischt werden soll. Die AVIS als Vermieterin ist daran interessiert, über die CSC ein regionales Standbein in der Schweiz zu haben und bietet CSC-AbonnentInnen Sonderkonditionen an. Wer ein Auto für länger als zwei Tage braucht, wenn zur Zeit gerade kein Auto da oder das gewünschte Fahrzeug nicht frei ist oder ganz einfach ein spezielles Auto erforderlich ist, die AVIS ergänzt das Angebot der CSC, ohne sie zu konkurrenzieren. Die Verkehrsbetriebe ihrerseits möchten den KundInnen eine Alternative bieten, die ihr natürlicherweise beschränktes Angebot mit dem CSC-Auto auszuweiten vermag. Sie sind die ersten öffentlichen Verkehrsbetriebe der Schweiz, die diesen Schritt wagen. Das Subsidiaritätsprinzip ist hier Pate gestanden. Für den Alltag den öV (öffentlichen Verkehr), für die Ausnahmefälle das (CSC)Auto, heisst hier die Devise. Eben: Kooperation statt Konkurrenz.

Speziell am CSC ist eigentlich "nur" das vollcomputerisierte Reservationssystem, Marke Eigenbau und einzigartig. Das System ist von jedem Telephon aus 24 Stunden am Tag mit den entsprechenden Codes abrufbar (auch per PC, einfachem Terminalprogramm und Modem). Wenn ein Auto reserviert ist, muss der Kunde/die Kundin nur seinen/ihren persönlichen Chip an die dafür vorgesehene Vorrichtung am Auto stecken, und los geht's! Der Bordcomputer führt genau Buch über die persönlichen Aufwendungen, die dann per Rechnung später ins Haus flattern. So einfach ist das. Selbstbedienung ist also angesagt. Das Putzen übernimmt die CSC.

Die CSC-MacherInnen haben sich überlegt, dass mehrere tausend AutofahrerInnen in der Schweiz mit einem Jahrespensum von 7000 km das Angebot des CSC schätzen könnten. Das ist wenig und bedeutet, dass das Auto nur in speziellen Fällen gebraucht werden kann (macht max. 140 km/Woche), z.B. beim Wocheneinkauf oder für einen späten Ausgang. Besonders profitieren können Leute aus der Agglomeration, die das beschränkte WV-Netz nicht sinnvoll benützen können. Für Firmen gibt es günstige Sonderkonditionen.

In Winterthur selbst gibt es vorerst nur vier Standplätze für sechs CSC-Autos, der eine ist beim Hauptbahnhof. Ein Ausbau des Angebots wird natürlich angestrebt. Die CSC versteht sich als ein lean-Betrieb, denn wegen des sehr hohen Automatisierungsgrades (nur 1 Stelle zur Zeit), können die Betriebskosten gering gehalten werden. WV-AbonnentInnen müssen monatlich SFr.10.- (für Normalos SFr.30.-) Abogebühr bezahlen. Die Kosten pro Stunde Gebrauch (resp. Reservation) belaufen sich auf 50 Rappen pro gefahrenen Kilometer und SFr.2.25 pro Stunde Gebrauch. Dies gilt als "alles inklusive", sei es Benzin (wird im Bedarfsfall rückerstattet), Reinigung, Unterhalt usw.

Die CSC vollführt im April in Winterthur ihren nationalen Start. Das hängt mit dem Willen der Verkehrsbetriebe zusammen, diese Idee zu fördern. Es sind auch CSC-Zenten in Zürich, Baden, Bellinzona, Aarau, Biel und St.Gallen am Anlaufen. Gerade in Zürich ist alles noch ziemlich schwierig, weil die örtlichen Verkehrsbetriebe mit ihrem (unsäglichen) "Züri mobil"-Projekt noch vergeben sind.

Fazit: sicher eine gute Idee. Aber die sechs Autos am Anfang sind meines Erachtens ziemlich mager. Und dass alles an diesem aufwendigen Reservationssystem hängt, wird die Arbeit nicht nur erleichtern, hier besteht auch Gefahr. Ob das System abstürzt oder einfach nur ein Auto zu spät abgeliefert wird, wenn etwas schiefläuft am Programm, sehen die CSC-Leute alt aus. Hier müssen sie sich absichern. Unter dem Strich kommt das CSC-Auto sicherlich billiger als ein eigenes und bequemer als nur ein WV-Abo. Aber trotz alledem erfordert die Benützung viel Disziplin, mensch muss sich an das System und seine Vor- und Nachteile gewöhnen. Wer nur ganz gezielt Auto fährt (und somit wenig) profitiert sicherlich von diesem Angebot. Das hunderte Franken pro Monat teure Auto ist ja kein Fahr-, sondern ein Stehzeug, das durchschnittlich 23 Stunden pro Tag herumsteht. Nur: wie gross ist die Anzahl derer, die genau in diese Klasse passen oder gar ihren Mobilitätsbedarf an dieses Angebot anpassen möchten? Einfach wird es nicht sein, und das angestrebte Ziel, schon im zweiten Jahr schwarze Zahlen zu schreiben und später sogar Dividende auszuschütten, ist nicht so einfach, wie es in der Theorie klingt. Hoffen wir das Beste.

Weiteres unter der Homepage von Mobility.
Die Info-Hotline des CSC ist: 0848 824 812 (26 Rp./Min.).

Die Kontaktadresse der CSC selbst ist:
CSC Car Sharing Company
Postfach 203
8024 Zürich



Für Biwidus: Wildcat (EMail) aus dem Hotel Wartmann in Winterthur.